Ein Gerichtsgutachten wird in Auftrag gegeben durch Beweisbeschluss des dem Verfahren vorsitzenden Richters. Auftraggeber ist immer das zuständige Gericht.Gerichtsgutachten werden in aller Regel
aufgrund von gerichtlichen Beschlüssen erstellt. Der Gutachter, der sich bei dem jeweiligen Gericht um Auftragserteilung beworben hat, kann nur durch eben diesen gerichtlichen Beschluss bestellt und
somit tätig werden. Damit wird auch deutlich, dass nicht jeder, der sich Gutachter nennt, auch als solcher für die Gerichte tätig werden kann. Die Gerichte prüfen bei einer Bewerbung sehr genau die
Qualifikation des Gutachters sowie seine sonstigen Voraussetzungen der Eignung, bevor eine Auftragserteilung erfolgen kann.
Die zertifizierten Gutachter müssen, im Gegensatz zu den öffentlich bestellten Gutachtern, nicht nur Ihre Qualifikation nachweisen, sondern zusätzlich jedes Jahr mindestens zwei
Weiterbildungslehrgänge nachweisen. Damit ist gesichert, dass diese Gutachtergruppe der zertifizierten Sachverständigen immer auf dem neuesten Stand der sich ständig weiterentwickelnden
Gutachtertheorie sowie der dazugehörigen Rechtsprechung befindet.
Nach der Entscheidung des BGH (Aktenzeichen IV
ZR 57/08) ist der Richter verpflichtet, ein dem gerichtlichen Gutachten entgegenstehendes Privatgutachten erkennbar zu verwerten. Das Gericht darf also ein - bereits
vorliegendes oder anlässlich eines gerichtlichen Gutachtens erst während des Prozesses eingeholtes - Privatgutachten nicht als beweisrechtlich unbeachtlich abtun. Es reicht auch nicht, wenn das
Gericht nur floskelhaft und ohne sich mit dem Privatgutachten näher auseinander zu setzen dem gerichtlich bestellten Sachverständigengutachten deshalb mehr glaubt, weil dieser “sich in der
Vergangenheit als fachkundig und kompetent” erwiesen hat.
Vielmehr muss das Gericht, wenn es aufgrund der gegensätzlichen Feststellungen des “Privatgutachtens” Zweifel an dem gerichtlichen Gutachten hat, gegebenenfalls ein neues Gutachten einholen oder
einen anderen gerichtlichen Sachverständigen bestellen (vgl. § 412 ZPO).
Dennoch sollte stets überlegt werden, wann einseitig ein privater Sachverständiger beauftragt wird. Denn selbst wenn der Prozess gewonnen wird, ist das Honorar des
privaten Sachverständigen nur bei “unabwendbarer Notwendigkeit” erstattungsfähig; dies wird selten der Fall sein, so dass selbst bei einem vollen Sieg vor Gericht der Auftraggeber des privaten
Sachverständigen auf diesen Kosten (Sachverständigenhonorar) sitzen bleibt.
Ein zusätzliches Privatgutachten ist jedoch in mindestens zwei Fällen sinnvoll:
Zum einen dann, wenn der Sachverständige einvernehmlich beauftragt wird. Dann sollte in einem (schriftlichen!) Schiedsvertrag vereinbart werden, dass sich beide Parteien dem Gutachterergebnis
unterwerfen. Dann kann das Beweisergebnis, das einer Partei nicht passt, kaum noch in einem späteren Gerichtsverfahren angegriffen werden.
Zudem macht ein privates Gutachten dann Sinn, um Feststellungen eines gerichtlich beauftragten Sachverständigen zu widerlegen. Es ist aber unbedingt darauf zu achten, dass der private Sachverständige
in seinem Gegen-Gutachten in für den Richter nachvollziehbarer Weise (!) aufführt, weshalb die Feststellungen in dem gerichtlich eingeholten Gutachten falsch sind.
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